Freisinger Denkmäler

Briz^inski spomeniki, Freisins^ki spomeniki (SLO), Freisinger Denkmäler (D), Monumenta frisingensia (L), Freising Manuscripts (E)



Kurzinfo: lateinisch (südostdeutsche Minuskel), 10./11. Jh., Bayern/Österreich, Homilie und Beichtformeln


Die Bezeichnung Freisinger Denkmäler verweist auf die Herkunft des lateinischen Codex, in dem sie mit eingebunden sind, und der sich heute als C(odex) l(atinus) m(onacensis) 6426 in der Bayerischen Staatsbibliothek in München befindet: In den Jahren 1806 und 1807 veröffentlichte Joseph Docen im Neuen literarischen Anzeiger die Nachricht von der Auffindung slavischsprachiger Denkmäler in lateinischer Schrift in einem der Freisinger Codices, welche im Zuge der Säkularisierung im Jahre 1803 der Bayerischen Staatsbibliothek zugekommen waren.

Der Clm 6426 ist durch das Zusammenbinden von 6 ursprünglich voneinender unabhängigen Teilen (vorwiegend Quaternionen) entstanden, die von 26 verschiedenen Schreibern stammen. Er umfaßt 169 heute foliierte und 2 nichtnumerierte Pergamentblätter. Die lateinischen Texte des Codex sind größtenteils Homilien und Reden von Kirchenvätern und mittelalterlichen Autoren, ein kleinerer Teil betrifft liturgische Riten oder behandelt kirchenrechtliche Themen. Die FD sind im Vergleich zu den übrigen Texten des Codex mit besserer, leicht braun getönter Tinte auf relativ gutem Pergament geschrieben. Die slavischen Sprachdenkmäler befinden sich auf den Folia 78, 78v und 158v - 161v.

Der Inhalt der FD ist eine Beichthomilie (FD II) sowie zwei Beichtformeln (FD I, III). Das erste und das dritte Freisinger Denkmal tragen deutliche Züge mündlicher Überlieferung (es handelt sich um Texte, die von den Gläubigen nachgesprochen werden sollten), während das zweite Freisinger Denkmal (mit Predigtcharakter) auf eine schriftsprachliche Vorlage schließen läßt.

Ein Facsimile einer Seite findet sich hier.

Die FD wurden in ihrer heutigen Form mit Sicherheit nach dem 27. Mai 972 aufgeschrieben, FD II und FD III wohl noch vor dem Jahr 1000, was durch Vergleich mit einer datierten Urkunde von derselben Hand nachgewiesen werden kann. FD I wurde bis spätestens 1039, wohl bis 1022/23 niedergeschrieben. Es handelt sich bei den FD höchstwahrscheinlich um Abschriften von Übersetzungen aus dem Althochdeutschen, dessen Einfluß deutlich spürbar ist. Ort der Niederschrift der FD war entweder Oberkärnten oder Freising, verwendet wurden die Texte in den Kärntner Besitzungen der Freisinger Kirche. Dies erklärt auch ihre spätere Aufbewahrung in Freising. Seit 1803 befinden sich die FD in der Bayerischen Staatsbibliothek in München.

Die Edition der FD erfolgte in Etappen: Kopitar machte im Jahre 1822 mit der ersten Teiledition (nur FD I) den ersten Schritt: Kopitar, Bartholomäus: Josephi Dobrowsky´ ... Institutiones linguae Slavicae dialecti veteris ... Vindobonae ... 1822. - Jahrbücher der Literatur (Wien) XVII, 1822, pp. 102-106. Hier wird das FD I in diplomatischer Umschrift, in kyrillischer Transliteration und in lateinischer Übersetzung vorgestellt. - Eine Gesamtedition erfolgte 1827, als P. I. Köppen als erster alle drei FD, von A. H. Vostokov mit einem umfangreichen Kommentar und einer Transliteration in russischer und altkirchenslavischer Kyrillica versehen, edierte: Köppen, Petr Iv.: Sobranie slovenskih pamjatnikov, nah odjas^c^ihsja vne^ Rossii. Sost. Petrom Keppenom. Kn. 1. Pamjatniki sobrannye v Germanii. Sanktpeterburg 1827, pp. 1-20, priloz^enija f. I-IX. Erst 1836 entschloß sich auch Kopitar zu einer Gesamtausgabe der FD und integrierte sie in seine Glagolita Clozianus (Wien 1836, pp. XXXIII-XVLII).

Eine kritische Edition erfolgte 1968 im Rahmen des Sammelbandes Freisinger Denkmäler. Briz^inski spomeniki. Monumenta frisingensia. Literatur - Geschichte - Sprache - Stilart - Texte - Bibliographie. ed. Joz^e Pogac^nik. München 1968 (Geschichte, Kultur und Geisteswelt der Slowenen 2). - Die neueste (und beste) Edition ist die von der Slovenischen Akademie der Wissenschaften (SAZU) im Jahre 1993 herausgegebene Ausgabe, die neben einem Faksimile die diplomatische, kritische und phonetische Umschrift der FD sowie Übersetzungen ins moderne Slovenische, Lateinische, Deutsche und Englische enthält, nebst sehr ausführlichen Kommentaren zur paläographischen und historischen Problematik sowie einer erschöpfenden, chronologisch geordneten Bibliographie: Briz^inski spomeniki. Znanstvenokritic^na izdaja. ed. France Bernik et al. Ljubljana 1993 (Slovenska akademija znanosti in umetnosti/ Academia scientiarum et artium slovenica, Razred za filolos^ke in literarne vede/ Classis II: Philologia et litterae, Dela/ Opera 39).

Zu dieser Edition gibt es auch eine akustische Rekonstruktion, von der hier Ausschnitte zu hören sind: Small Sample -- Larger Sample.

Eine elektronische Edition liegt vor in: Frederik Kortlandt (Universität Leiden/ NL): The Freising Manuscripts I, II, III. An electronic text edition.

Einen Überblick über die einschlägige Sekundärliteratur zu den FD bietet die Bibliographie der SAZU-Edition (bis 1991), besonders zu verweisen wäre an dieser Stelle möglicherweise auf den wichtigen, weil immer wieder diskutierten Beitrag von Alexander Isac^enko: Jazyk a pôvod Frizinsky´ch pamiatok. Sprache und Herkunft der Freisinger Denkmäler. Bratislava 1943 (Spisy Slovenskej akadémie vied a umení 1).


 © Elisabeth Seitz  KODEKS Homepage
 Erstellt 18. Juni 1997