Codex Suprasliensis

Suprasalski zbornik (B), Suprasl'skaja rukopis' (R)


Kurzinfo: kyrillisch, 11. Jh., Ostbulgarien, Märzmenäen


Das Denkmal stammt aus dem (westlichen) Ostbulgarien und wurde in der 1. H. des 10. Jhs. oder im 11. Jh. geschrieben. Für die spätere Datierung spricht die Tatsache, daß sich in dem Denkmal bereits eine Weiterentwicklung des vorderen Halbvokals (zu e) beobachten läßt (wohingegen der hintere Halbvokal unverändert bleibt).

Inhalt der - kyrillischen - Handschrift sind Märzmenäen, d.h. Lesetexte für jeden Tag des Monats März, nämlich Heiligenviten, Legenden, Unterredungen des Ioann Zlatoust und einige andere kirchliche Texte.

Die Handschrift umfasst 285 Blätter, die heutzutage an drei verschiedenen Orten aufbewahrt werden. Am Anfang und am Ende, teilweise auch in der Mitte, weist die Handschrift Lücken auf. Sie wurde im wesentlichen von einer Person geschrieben.

Gefunden wurde die Handschrift 1823 von Prof. M.K. Bobrovskij im Basilianerkloster von Suprasl (in der Nähe der Stadt BiaŁystok [im heutigen Polen]) gefunden. Nach ihrem Fundort erhielt sie ihren heute in der Wissenschaft gebräuchlichen Namen. Wie und wann sie dorthin gelangte, ist unbekannt.

Zum Zwecke einer Edition erhielt der bekannte Slavist B. Kopitar in Wien von Bobrovskij die Handschrift 1838/39 in zwei Teilen - um eine Rückgabe sicherzustellen. Trotz dieser Vorsichtsmassnahme gab Kopitar die - zuletzt übersandten - ersten 118 Blätter nicht an Bobrovskij zurück. So erklärt sich das weitere Schicksal der Handschrift: Nach dem Tode Kopitars im Jahre 1844 (11.8.) wurde dieser erste Teil der Handschrift mit Kopitars übrigem Nachlaß der Gymnasialbibliothek (Lyzealbibliothek) der Stadt Ljubljana übergeben, wo er sich bis heute befindet.

Nach dem Tode Bobrovskijs wurde der Rest der Handschrift als Teil seiner Privatbibliothek verkauft, zunächst an den Bibliophilen Trebicki; den zweiten - und größten - Teil hiervon (151 Blätter) erwarben von ihm die Grafen Zamoyski, in deren Bibliothek in Warschau er sich bis zum Zweiten Weltkrieg befand. Seit der Plünderung und Zerstörung Warschaus durch die deutschen Truppen gilt dieser Teil als verschollen.

Der dritte Teil (16 Blätter) wurde vor dem Verkauf an die Grafen Zamoyski gestohlen; ihn erwarb dann das russische Akademiemitglied I.A. Byčkov; er wird heute in der Staatsbibliothek (Saltykov-Ščedrin-Bibliothek) in S. Petersburg aufbewahrt.

Aufgrund der von Kopitar vorgenommenen Abschrift wurde die Handschrift von Miklosich zum ersten Male ediert: Monumenta linguae palaeoslovenicae e codice Suprasliensi, Vindobonae (d.h. Wien) 1851.

Eine genauere und vollständige Edition stammt von S. Sever'janov: Suprasl'skaja rukopis'. T. 1. (Pamjatniki staroslavjanskogo jazyka, t. II, vyp. 1), SPb. 1904. Ein Nachdruck dieser Edition erschien 1956 in Graz.

1935 erschien ein vollständiges Wörterbuch des Denkmals, herausgegeben von K.H. Meyer: Altkirchenslavisch-griechisches Woerterbuch des Codes Suprasliensis (Glückstadt b. Hamburg).

Eine elektronische Version des Codex Suprasliensis ist innerhalb des Corpus Cyrillo-Methodianum Helsingiense verfügbar (7-Bit-Codierung). Sie beruht auf der Edition von Sever'janov (s.o.).

Wichtige Sekundärliteratur:

W. Vondrák, Zur Kritik der altslov. Denkmale. Sitzungsberichte der Kais. Akad. d. Wiss., Hist.-philol. Klasse, Bd. CXII, 1886.
W. Vondrák, Über einige orthographische und lexikalische Eigentümlichkeiten des Codex Suprasliensis. Sitzungsberichte der Kais. Akad. d. Wiss., Hist.-philol. Klasse, Bd. CXXIV, 1891.
A. Leskien, Zur Kritik des altkirchenslavischen Codex Suprasliensis. I-II. Abhandlungen der phil.-hist. Klasse der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Bd. XXVII, N. XIII und XXVIII, N. 1, Leipzig 1909 und 1910.
N. van Wijk, Zur Komposition des altkirchenslawischen Codex Suprasliensis. Amsterdam 1925.
N.N. Durnovo, K voprosu o drevnejšix perevodax na staroslavjanskij jazyk biblejskix tekstov. Suprasl'skaja rukopis'. Izv. Otdel. russ. jaz. XXX, 1926.
A. Marguliés, Der Altkirchenslavische Codex Suprasliensis. Heidelberg 1927.
S.M. Kul'bakin, Homilije Suprasalskog zbornika. Glas Srp. Kr. Akad. 182 (92), 1940.


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